Marksteine für Bildung mit Freude und Lernen ohne Schulzwang

23. Mai 2009

60 JAHRE GRUNDGESETZ

23. Mai: Tag des Grundgesetzes, Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland 1949

Das Grundgesetz wurde heute vor 60 Jahren in Bonn verkündet und unterzeichnet. Es war ursprünglich als Provisorium geplant, wurde nach der Wiedervereinigung als gesamtdeutsche Verfassung übernommen und hat in seiner sechzigjährigen Geschichte bereits 52 Änderungen und Ergänzungen erlebt.

Der Ausbau der Grund- und Menschenrechte war von Anfang an ein zentrales Anliegen der Grundgesetz-entwicklung. Im Parlamentarischen Rat hatte eher die Vorstellung dominiert, dass die Freiheit gegen den Staat geschützt werden müsste. Freiheitsrechte waren als Verbote an die öffentliche Hand formuliert, die Freiheit der Menschen zu beeinträchtigen. Das entsprach den elementaren Menschenrechtsstandards der damaligen Zeit. Politische Mitwirkungsrechte und soziale Garantien fanden sich allenfalls in Ansätzen.

(aus: Das Grundgesetz im Wandel der Zeit von Christoph Gusy, Seite 2 – Hervorhebungen von mir)

In diesem Zusammenhang sei vor allem daran erinnert, dass nun schon seit einiger Zeit stetig darauf hingearbeitet wird, sogenannte Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Das aber ist unnötig, da Kindern genauso wie den Volljährigen alle Grund- und Menschenrechte vollumfänglich zustehen! Kinder sind Menschen! Da Kinder, insbesondere natürlich in den jungen Jahren, auch schutzbedürftig sind und manche Dinge noch nicht alleine entscheiden können, geht es in Wirklichkeit darum, wer in Zukunft diese Entscheidungen für die Kinder fällen wird und wer im Bedarfsfall den Schutz übernehmen wird.

In Zeiten wie den unsrigen darf man mit gutem Grund daran zweifeln, ob die Verankerung von Kinderrrechten im Grundgesetz wirklich eine humanitäre Geste gegenüber den Minderjährigen ist oder nicht tatsächlich nur die Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat und seinen Organen zunehmend aushöhlen soll. Der Staat als Wächter der Rechte von Kindern gegenüber deren Eltern, seine Organe als Ausübende von Sorgerechten – das ist das eigentliche Ziel. Das Versagen weniger Eltern, in der Öffentlichkeit breitgetreten, wird dazu benutzt, Eltern grundsätzlich so hinzustellen, als ob alle Kinder einen von diesen unabhängigen eigenen Schutz bräuchten, welcher staatlicherseits wahrgenommen werden soll.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass aus Rechten schnell Pflichten werden. Das Recht des Kindes auf Bildung wird mit der Pflicht zum Schulbesuch beantwortet – kommt das Kind dieser Pflicht nicht nach, wird die Pflicht mit Zwang – mit staatlichem Zwang – durchgesetzt. Das Recht jeden Kindes auf einen Betreuungsplatz ab Geburt – wie es ab dem Jahr 2013 gelten soll – wird zur Pflicht werden, wenn Eltern weiterhin von staatlichen Leistungen abhängig sind bzw. diese in Anspruch nehmen wollen, oder sicherlich auch, wenn Staatsvertreter befinden, dass das Kind in der Institution besser betreut wäre als im Elternhaus. Der Willkür werden im letzteren Fall Tür und Tor geöffnet sein, denn am Hebel der Macht sitzen die Staatsvertreter. Ein Beispiel für den ersten Fall sind die ALG 2-Leistungen, denn wer diese erhalten will, der muss dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen, und das kann er nur, wenn das Kind entsprechend betreut ist. Das Recht auf einen Betreuungsplatz ab Geburt wird dann von betroffenen Eltern verpflichtend genutzt werden müssen.

In Österreich gibt es (in einzelnen Bundesländern) schon heute einen Extrazuschlag zur Kindeserziehung, wenn man sein Kind impfen lässt – wer nicht impfen lässt, der bekommt diesen Zuschlag nicht. So wird durch die Hintertüre für finanziell schwache Familien eingeführt, was es eigentlich nicht gibt: eine Impfpflicht der anderen Art.

Bedenkenswert ist auch – gerade im Hinblick auf die im Herbst anstehenden Bundestagswahlen – dass Änderungen des Grundgesetzes unter einer großen Koalition besonders leicht durchgesetzt werden können!

Lesenswerte Beiträge zum Thema 60 Jahre Grundgesetz:

Christoph Gusy: Das Grundgesetz im Wandel der Zeit (Bundeszentrale für politische Bildung)
– daraus dieses nachdenkenswerte Zitat:

Die Verfassung der USA gilt seit über 200 Jahren. Ihr Text umfasst 10 Druckseiten, lässt also Vieles offen, ist aber auch erst 27mal ergänzt worden. Eine erstaunliche Stabilität, welche dazu geführt hat, dass der maßgebliche politische Wandel von der Rechtsprechung vorgenommen wurde.

Das Grundgesetz ist diesen Weg nicht gegangen. Es ist deutlich länger (58 Druckseiten), regelt also auch viel mehr Einzelheiten und ist viel häufiger geändert worden. Dies geschah jeweils durch Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. […]

Bernd Ulrich: 60 Jahre Grundgesetz (Deutschlandradio Kultur)
– daraus dieses nachdenkenswerte Zitat:

Eine große Chance wurde gewiss vertan, als es nach der Wiedervereinigung darum ging, über eine gesamtdeutsche Verfassung oder auch ein nur leicht überarbeitetes Grundgesetz das Volk abstimmen zu lassen. Artikel 146 des Grundgesetzes schrieb dies vor, doch fand sich keine parlamentarische Mehrheit, – unter anderem mit dem Argument, die Qualität des erfolgreichen Grundgesetzes dürfe nicht verspielt werden. Dahinter verbirgt sich allerdings eine tief sitzende Furcht vor dem Volk – und eine immer noch zu wenig selbstbewusste Demokratie. Am Grundgesetz liegt es jedenfalls nicht.

älterer Post zum Thema:
Tag des Grundgesetzes (vom 23. Mai 2008)

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